Abruzzen (2021)

Es war die erste Alpinblau Tour in den Abruzzen, und zwar im Nationalpark des Gran Sasso und Monti della Laga. Obwohl die Abruzzen geographisch zu Mittelitalien gehören, gelten sie aus historischen Gründen als die nördlichste Region Süditaliens. Sie grenzen im Norden an die Region Marken, im Westen an die Region Latium, im Süden an die Region Molise und im Osten an das Adriatische Meer. Diese tolle Tour fand vor 2 Jahren statt, und zwar vom 27.6. – 3.7.2021. Es ist also längst an der Zeit über die Geschehnisse zu berichten. Mit dabei waren Astrid, Ellen, Gisela, Juliette, Silvia, Thomas und Christian. Alpinblau Touren finden bei einer Mindestanzahl von 3 Teilnehmern statt.


Highlights der Tour

  • Campo Imperatore (Hochebene auf 2000 Meter)
  • Monte Aquila (2494m)
  • Corno Grande (2912m)
  • Monte Cefalone (2533m)
  • Monte Scindarella (2233m)
  • Monte M.S. Gregorio di Paganica (2076m)

Tag 1: Rifugio Racollo

Wir trafen uns am Hauptbahnhof in Rom. Dies ist der beste Ausgangspunkt für eine Tour in den Abruzzen, denn einen Flughafen gibt es zwar in Pescara (Abruzzen), dieser wird aber sehr schlecht bedient. Mit Privattransfer fuhren wir ca. 170 km in das entfernte Abruzzen, und zwar nach Calascio, einer kleinen Gemeinde mit etwa 130 Einwohnern. Dies war der Beginn unserer Wanderung, die uns unmittelbar in den ‚Nationalpark Gran Sasso und Monti della Laga‘ hineinführte.

Es war ein heißer Tag, der uns ganz schön zu schaffen machte, vor allem, da es in diesen Gegenden kaum Schattenplätze gibt. Hinzu kam, dass Christians Schuhwerk kurz nach Beginn unserer Wanderung den Geist aufgegeben hat, da sich die Sohlen gelöst haben. Aber nichts ist jemals einfach. Und wenn es anfangs schwer ist, dann ist dies ‚fast‘ immer ein gutes Omen für die darauffolgenden Tage und dem war auch so. Es gibt da Momente, die man nicht mit Worten beschreiben kann. Auch nicht mit Fotos können diese Momente weiter gegeben werden. Das Licht, das gleißende Licht, diese unerschöpfliche Energie, die uns alle taumeln ließ und in ein sonnenüberflutetes Dasein stürzte bleibt für mich persönlich eines der schillerndsten Momente der Tour.


Tag 2: Campo Imperatore

Wir ließen das hervorragend geführte Rifugio Racollo zurück und begaben uns in Richtung des Campo Imperatore. Wir wählten eine abenteuerliche Route, die es uns erlaubte noch tiefer in den Nationalpark vorzudringen. Es gibt hier unzählige Pfade, einige werden nun nicht mehr so oft begangen und sind deshalb umso sehenswerter, da man sich inmitten von Natur befindet, weit und breit keine Menschenseele.

Wir folgten nun dieser einsamen Route und sahen zu unserer rechten die imposanten Erscheinungen der Cima Faiete (1915 m) und Cima Archetto (1831m). Wir befanden uns direkt unterhalb auf ca. 1600m. Im weiteren Verlauf liefen wir entlang einer Seenkette, zunächst vorbei am Passaneta-See, dann am Barisciano-See, bis wir letztlich die Fossetta-Seen erreichten. Noch ein kleiner Aufstieg und wir erreichten einen namenlosen Kamm, der uns bereits erahnen ließ, was auf die nächsten Tage auf uns zukommt. Dort oben befinden sich auch die Ruinen des Zisterzienserhofs von Santa Maria del Monte, einem eindrucksvollen ländlichen Klosterkomplex, der für die Kontrolle des Territoriums und für die Organisation von strategischer Bedeutung war in den Zeiten der Transhumanz. In den Wiesen des Tals trafen wir zum ersten mal auf Pferde, diese leben dort frei, wie man nur frei sein kann. Bald hatten wir die Höhe von ca. 2000m erreicht; vor uns in imposanter Pose und unverwüstlich erschien uns das berühmte und schon lange nicht mehr in Betrieb sich befindende Hotel Campo Imperatore, mit einer ganz persönlichen Geschichte. Ganz in seiner Nähe lag unsere Unterkunft, das Ostello dello zio, wo wir uns für die nächsten 4 Tage einquartierten. (Ab 2023 übernachten wir im Rifugio Duca degli abruzzi)


Tag 3: Monte Aquila (2494m)

Auf ging es zum Monte Aquila, dem Adlerberg, der uns als Einstiegstour dieser sogenannten ‚Viele-Gipfel-Tour‘, gerade recht kommt. Der Aufstieg ist bis auf den Einstieg, wo man seine Hände benutzen muss, eine leichte bis moderate Angelegenheit. Auf dieser Höhe sahen wir zum ersten Mal Altschnee, der mit letzter Kraft versuchte sich zu halten, gelbe Wunder der Natur entsprießen dem Boden, ganz im Zeichen des Widders nahm sich das Leben seinen Lauf und setzte sich mit aller Kraft durch.

Der Monte Aquila ist ein toller Berg, um sich ohne große Mühe einen Überblick über das Gran Sasso-Gebiet zu verschaffen – eine Bergwanderung, die fantastische Aus- und Einblicke bietet. Der felsige Corno Grande (2912) zeigt sich hier besonders schön, da er sich unmittelbar vor einem befindet. Auch die fantastische Hochebene des Campo Imperatore zeigt sich hier besonders schön. Ach, was würde ich geben an einem wunderschönen Ort wie diesen nun ein weiteres Mal zu sein, um nochmals gedankenverloren in die Ferne zu blicken.

Die besonderen Momente im Leben sind jene, die uns rütteln, wachrütteln, durcheinander bringen im Guten, wie im Schlechten; jene Momente, die wir uns wünschen, da sie uns fühlen lassen, dass man am Leben ist, voll und ganz, ohne Angst und Scheu, sondern mit Freude und Bestimmtheit.


Tag 4: Corno Grande (2912m)

Die Abruzzen zählen zu den besonderen Ausflugszielen der meisten bergbegeisterten Italiener. Sie kommen von überall her, um einmal den Corno Grande aus der Nähe zu sehen und ihn gegebenenfalls zu erklimmen. Der Apennin zieht sich wie eine Wirbelsäule von Norden nach Süden und in den Abruzzen erreicht er seine höchsten Erhebungen, und mit dem Corno Grande fast einen 3000er. Der Corno Grande ist kein leichter Berg. Um ihn zu erreichen, braucht es Geschick und Liebe für die Berge.

Eine lumineszierende veilchenblaue Wolke, die so unmittelbar vor dem betrachtenden Auge entstand wie das expandierende Universum. Kein starkes Licht, eher ein milchiges Blau, eine leichte, diffuse Aufhellung, aber genügend, dass man die massigen Silhouetten der Berge davor in anderer Gestalt sehen konnte. Die Wolke breitete sich rasch aus. Schließlich hatte sie uns das gesamte Blickfeld genommen, nur um im rechten Moment wieder auf Tuchfühlung zu gehen, um sich mit den wärmeren Luftmassen zu vermengen.

Gipfelbesteigung an einem sonnenüberbordenden Tag. Freunde unter sich.

Der Corno Grande besticht durch seine Streckenführung, die sich moderat- bis ambitioniert dem Wanderer zeigt. Auch besticht er durch seinen 360° Rundumblick. Alle hohen Berge dieser Gegenden sind nun zu sehen, der Monte Cefalone (2533m), Monte Intermesoli (2635m) und weit hinaus di Cima delle Malecoste (2444m), die Casanova-Türme und der Monte Camicia (2564m) – die beiden letztgenannten sind Teil einer unglaublichen Wanderung auf dem sogenannten Jahrhundertweg. Und wenn wir unseren Blick weiter schärfen, erblicken wir sogar den Lago di Campotosto, einen groß angelegten Stausee. Er liegt auf einer Höhe von 1313 Metern und zählt mit einer Fläche von 14 km² zu den größten künstlichen Seen Europas.


Tag 5: Monte Cefalone (2533m)

Der Monte Cefalone ist nun ein Berg, der nicht die Höhe eines Corno Grande oder Intermesolis erreicht. Und ganz wie sein Bruder, der Monte Aquila, reiht er sich ein in die Schar seiner Brüder und Schwestern und teilt sein Dasein inmitten dieser prachtvollen Landschaft. Er grüßt seine Brüder und Schwestern täglich mit einem Windgruß, der ihn selbst umgibt, als wäre es das zärtlichste Band seit jenen Tagen, als die Welt noch eine Idee war und mehr nicht.

La Cima Intermesoli ist nun seine große Schwester, die über ihn wacht. Ein Koloss von einem Berg, der Intermesoli, zum fürchten und respekteinflößend. Und zugleich so zärtlich und unmittelbar in seiner Nacktheit, in seiner Offenheit und Würde, die nur die weibliche Energie so schön ausdrücken kann. Die Cima Intermesoli ist kein Ausflugsziel, da der Weg dorthin sehr anspruchsvoll ist, sie wird dennoch erwähnt, weil sie die zweithöchste Erhebung des gesamten Apennin darstellt und auch, da ihre Gestalt zu einer der schönsten zählt, die jemand zu Gesicht kriegt. Mit ihrer runden Form und senkrechter Spitze erinnert sie an einen Kegel, ihre Seiten sind geflankt von atemberaubenden Falten und Verwerfungen.

Wie stiegen ab in die Senke des ‚Campo Pericoli‘. Die Streckenführung war nicht ganz eindeutig, da die Pfade am Ende nur Pfade sind, aber wir hatten bestes Wetter und konnten dadurch weit sehen, was unserer Orientierung half. Nach einer Stunde im Abstieg erreichten wir das mittlerweile geschlossene Schutzhaus ‚Garibaldi‘. Dort verweilten wir, denn die Strapazen an diesem Tag verlangten spätestens jetzt ihren Tribut. Nicht weit und wir werden das Rifugio Duca degli abruzzi erreicht haben, welches sich ganz alleine, wie ein Eremit, auf einem Bergkamm befindet. Es ist dies der Punkt, wo fast alle Gipfelbesteigungen ihren Anfang finden. (Im Coronajahr 2021 war diese Hütte leider geschlossen).


Tag 6: Monte Scindarella (2233m)

Unsere heutige Wanderung hatte den Vorteil, dass man das Wissen untereinander teilte, man habe den größten Teil der Tour hinter sich gebracht, da man schließlich den Corno Grande, den Monte Aquila und den Monte Cefalone bestiegen hatte. So ging man fast schon unbeschwert und unvoreingenommen an diesen Wandertag ran. Die Streckenführung zur sagenhaften Cima Scindarella (2233m) und zum weniger bekannten Monte San Gregorio di Paganica (2076m), stellte sich letztlich als eine so ganz andere Tour ein. Eine von Dramatik und Hingabe mitreisende Tour.

Umgeben nur von Bergen, Farben, Konturen, steinernen Silhouetten und vom leisem Zwitschern der Vögel, vom heimlichen Tuscheln der Insekten; diese unvermittelte Bedrängnis brachte uns aus der Fassung und wir blieben unvermittelt stehen und schauten einander an. Was würde Goethe über diesen wunderlichen Ort nur schreiben, was hätte Vergil gedacht, wenn er so wie wir sich an diesem wundersamen Ort befunden hätte. Ich liebe die Abruzzen so sehr, ein einsamer Ort zwar, aber dafür ehrlich und ohne Erinnerung an vergangenes, so unmittelbar, so nackt, so frisch und energiebeladen, so lasse ich meine Seele baumeln inmitten dieser wunderprächtigen Prärie, die bereits viele vor uns mit ihrer einzigartigen Kulisse aus Stein, Weite, Farben und Hingabe in den Bann gezogen hat.

Und so gelangten wir wieder in die Ebene des Campo Imperatore. In weiter Ferne, nur noch eine Erinnerung, der Corno Grande, wie ein in sich ruhendes Tier, geballt mit immenser Kraft und Leben. Wir erreichten das Rifugio Racollo und gaben uns wie Kameraden es tun würden die Hände. Unsere Augen trugen nun das Licht der kindlichen Liebe in sich, bedingungslos und losgelöst. Vielleicht werden wir es nie wirklich erfassen, was sich auf unserer Wanderung alles in uns gelöst hat. Eine kleine Loslösung von inneren Zwängen und äußerlichen Erscheinungen hat womöglich in uns stattgefunden, einer Läuterung gleich. Wir haben hinter uns gelassen die Schwermut und die Traurigkeit und sind in das Tal der Freuden und der Liebe eingetreten, jenes Tal, das nur zu erreichen ist, wenn man zu sich selbst finden kann.


Tag 7: Castel del Monte

Jeder Anfang spiegelt das Ende wieder. Wir erreichten das Bergdorf Castel del Monte, wo uns unser Privattransfer schon erwartete und wir sagten Lebewohl zu unseren Brüdern und Schwestern, denen es egal ist, ob wir da sind oder nicht. Uns ist es aber nicht egal, ob sie da sind oder nicht, denn wir sind Menschen und haben Gefühle, von denen wir im Grunde genommen keine Ahnung haben.


Kommentare

  1. Der Verfasser des Textes, der nun 2 Jahre später diesen Blog erstellt, wobei er dies schon längst hätte tun können, offenbart sich als fiktiver Schreiber, da er sich nicht unmittelbar an die Geschehnisse erinnern kann, er verliert sich in literarischen Zwängen, die dem Text den Sinn verleihen, es handle sich hierbei um eine fiktive Geschichte, was sie natürlich nicht war oder ist, lediglich das Gerüst wurde verfeinert, der Inhalt ist pure Liebe zu den Bergen.

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